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Gemeinsam kämpfen – Der Mensch geht vor Profit!

Rede von Thomas Hagenhofer, Bezirksvorsitzender der DKP Saarland, auf der Podiumsdiskussion der Marx-Engels-
Gesellschaft Saarbrücken-Trier am 14.01.2010

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Liebe Kolleginnen und Kollegen, Genossinnen und Genossen, Freundinnen und Freunde,

unser alter und leider auch neuer Herr Ministerpräsident machte es sich diese Woche im SZ-Interview mal wieder historisch bequem, als es um die Saarabstimmung ging. „Gleich welches Regime, gleich welche Verfassungsordnung im Deutschland des Jahres 1935 geherrscht hätte, jede Abstimmung hätte damals zu einem ähnlichen Ergebnis geführt“, sagte er und verschweigt, wie sehr seine konservativen Ziehväter in der deutschen Front damals zu Deutschland wollten, nicht trotz - sondern gerade wegen Hitler. Der leider im letzten Jahr und viel zu früh verstorbene Genosse Luitwin Bies hätte getobt vor Wut. Und damit komme ich gleich zu einer ersten Schlussfolgerung aus dieser Zeit für heute:
Faschismus darf nie wieder hoffähig, nie wieder anschlussfähig werden in Richtung der vielbeschworenen politischen Mitte.

Leider hat sich hier in den vergangenen Jahrzehnten einiges, wenn auch schleichend, zum schlechteren entwickelt. Neonazis demonstrieren immer frecher ihre neu gewonnenen Spielräume, Übergriffe häufen sich, sie greifen sogar 1. Mai-Demonstra-
tionen an oder überfallen Gewerkschafter in Demo-Bussen. In manchen Regionen im Ostteil Deutschlands ist die NPD in den Augen vieler Menschen eine Partei wie jede andere.

Wir müssen also auf der Hut sein, denn meine zweite Schlussfolgerung aus den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts ist, dass Faschismus und reaktionäre Politik bekämpft werden müssen, bevor sie in den Machtkalküls der wirtschaftlich und politisch Herrschenden zu einer Option werden, die Linke niederzumachen. Schon heute versuchen Neonazis mit den so genannten „national befreiten Zonen“ diese Rolle einzunehmen. Deshalb muss beides geschehen: Faschistische Organisationen müssen verboten und gleichzeitig deren Ideologie bekämpft werden.

Soweit so allgemein liebe Freunde, aber heute durchleben wir die größte ökonomische Krise des Kapitalismus seit Anfang des 20. Jahrhunderts.
Und nicht nur das: „Erstmals in der Geschichte verbinden sich - verursacht durch die kapitalistische Produktionsweise - eine globale Finanz- und Wirtschaftskrise mit einer globalen ökologischen Krise, einer Energiekrise, einer große Teile der Menschheit erfassenden Ernährungskrise, einer Krise der Demokratie und der politischen Repräsentativität und mit verschärfter Prekarisierung von Arbeits- und Lebensverhältnissen zu einer umfassenden Krise der menschlichen Zivilisation. (...) 

Solche Krisen waren schon immer Wendepunkte der geschichtlichen Entwicklung.
Die nächsten Jahre werden von einer Situation geprägt sein, in der verschiedene Kräfte um die Bewältigung der Krise ringen und in der offen ist, welche Kräfte und Tendenzen sich durchsetzen werden. Definitive Antworten auf Fragen, deren Lösung in der Zukunft liegen, sind nicht möglich. Aber mit den Auseinandersetzungen der Gegenwart werden die Weichen für die künftigen Lösungen gestellt. (…)

Der neoliberale Block hat keine Antworten auf die Krise, die die Interessen der untergeordneten Gruppen und Klassen berücksichtigen und den aktiven Konsens wiederherstellen könnten. So wächst die Gefahr autoritärer Lösungen. (…)
Ein progressiver Ausweg aus der Krise ist nur durchsetzbar, wenn in einem längeren Prozess die gesellschaftlichen und politischen Kräfteverhältnisse, wenn die ganze Richtung der gesellschaftlichen Entwicklung grundlegend verändert wird: An die Stelle des zerstörerischen Konzeptes ungebremsten kapitalistischen Wirtschaftswachstums muss die Entwicklung einer gesellschaftlich geplanten Produktion treten, in der steigende Arbeitsproduktivität in Arbeitszeitverkürzung, steigende Löhne, bessere soziale Sicherungssysteme und höhere öffentliche Investitionen umgesetzt, und in der technologischer Fortschritt zu einer ökologischen Wende in Produktion und Konsumtion genutzt wird. Über öffentliche Investitionsprogramme - finanziert durch die Abschöpfung großer Vermögen - muss der Übergang zu einer anderen Produktions-, Konsumtions- und Lebensweise (Energieeinsparung, erneuerbare Energien, Reduzierung Schadstoffausstoß und Ressourcenverbrauch, Transport, kommunale Infrastruktur, Gesundheit, Bildung, Kultur...) gefördert werden. Durch die radikale Demokratisierung von Staat, Gesellschaft und Betrieb sowie durch die Überführung von Finanzkonzernen und Schlüsselindustrien in öffentliches Eigentum unter demokratischer Kontrolle muss die Macht des Kapitals eingeschränkt werden.

Eine solche Perspektive kann nur durch große gesellschaftliche Allianzen erkämpft werden und da schließt sich der Kreis zum Einheitsfrontabkommen 1934. Nur, wenn die Organisationen und Parteien der Arbeiterbewegung – und das ist bei allen Unterschieden die Parallele zu 1934 – gemeinsam mit anderen fortschrittlichen Bewegungen für eine solche Veränderung kämpfen, kann aus dieser Krise eine Wende im Sinne der Bevölkerungs¬mehrheit erkämpft werden.“ [aus den politischen Thesen des Sekretariats des Parteivorstands der DKP, LINK]

Und wir haben ja das Negativbeispiel gerade erlebt: Offensichtlich ist es den politisch und wirtschaftlich Mächtigen, sagen wir kurz dem Kapital, gelungen, die Grünen als neue Mehrheitsbeschaffer für ihre neoliberale Politik zu gewinnen. Dies war unserer Meinung nach deshalb möglich, weil es vor und vor allem auch nach den Landtagswahlen nicht gelungen ist, eine sichtbare breite Bewegung für einen Politikwechsel auf die Beine zu stellen. Es muss sich noch viel mehr bewegen, viel mehr Druck erzeugt werden in Betrieben und auf der Straße, um einen politischen Richtungswechsel im Interesse der Mehrheit der Saarländerinnen und Saarländer durchzusetzen.

Ich stimme dem Bild von Hans-Jürgen Urban vom Vorstand der IG Metall zu, wenn er von der Perspektive einer Mosaik-Linken redet, im Programm der DKP sagen wir dazu gesellschaftliche Allianzen gegen den Neoliberalismus. Früher 1934 hieß das im Einheitsfrontabkommen: „Es lebe die kämpfende Einheitsfront der Werktätigen, es lebe die antifaschistische Front!“
Auch wenn das heute etwas verstaubt klingt, die Herausforderung bleibt: Wir müssen damit beginnen, eine neue gesellschaftliche Breite von Bewegungen über Organisations- und Weltanschauungsgrenzen hinweg zu entwickeln. Nur dann werden wir die Regierungen in Berlin und Saarbrücken von ihren unsozialen Vorhaben abbringen. Steuergeschenke für die Reichen, Kaputtsparen der Reste des Sozialstaates durch die Schuldenbremse und Kopfpauschalen in der Krankenversicherung – das sind die größten Herausforderungen.

Greifen wir die neoliberale Politik da an, wo sie am Offensichtlichsten gegen das Gerechtigkeitsempfinden von weiten Teilen der Bevölkerung verstößt und tun wir es gemeinsam. Wirken wir für einen kämpferischen Umgang mit den neuen Herausforderungen und vernetzen wir uns - z.B. mit Schüler- und Studierendenbewegung, die sich gegen neoliberale und konservative Bildungspolitik zur Wehr setzen.
Machen wir gemeinsam klar, dass immer mehr Saarländerinnen und Saarländer nicht länger bereit sind, ihr Recht auf Frieden, Arbeit, Bildung; Demokratie und Gesundheit den Profitinteressen des Kapitals zu unterwerfen. 1934 wie 2010 gilt: Der Mensch geht vor Profit!

Thomas Hagenhofer
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